Im Land der Löwen – Etosha

Von Palmwag aus überquerten wir einmal mehr den Veterinärzaun, der den Vieh- und Wildbestand des Nordens von dem des restlichen Landes separieren soll. Sowohl die weidezaunlose Viehhaltung des Nordens als auch eine lang zurückliegende Epidemie der Maul- und Klauenseuche war da der Stein des Anstoßes. Allerdings überzeugen die unternommenen Schritte selbst einen Laien nicht. Unzählige Tierarten können den Zaun problemlos überwinden oder darüber hinweg kommunizieren. Die Teams der Kontrollpunkte glänzen dazu noch mit Ineffektivität. Reifenseite und Felgen werden mit irgendeiner Lösung besprüht, Reifenprofil und Fahrzeugunterboden nicht. Fleischvorräte würden sie gerne konfiszieren, auch wenn belegt ist, dass man nur eine Nacht in Sichtweite und ohne ansässigen Supermarkt nördlich des Zauns verbracht hat. Fahrername, Fahreralter, Unternehmen, letzte Station, nächstes Ziel, Kühlschrank falls vorhanden kurz angeschaut, Fahrzeugkennzeichen, -modell, -farbe (die wurde ich stets gefragt .. dies schien bei dunkelgrün wohl sicherer als selbst zu schauen) werden notiert, ein Ausweis aber nicht verlangt. Alle tragen ernsthafte Uniformen und teilen sich die genannten Schritte zu dritt oder zu viert auf … und schon darf man weiterfahren.

Weiter ging es via Kamanjab zum Hobatere Camp nahe des Westtors des 22270 km2 großen Etosha Nationalparks, den es in den folgenden Tagen zu erkunden galt.

In meiner Erinnerung wird Hobatere immer das ‚Löwencamp’ bleiben, da sowohl Spuren als auch Rufe ihre Nähe versprachen. Doch diese Indizien reichten dem ein oder anderen der Gruppe nicht aus um ernsthaft vorsichtiger beim nächtlichen Toilettengang zu sein. Zum Glück aller ohne Konsequenzen. Auch war es unsere erste Nacht, wo das längst in Vergessenheit geratene Phänomen „Wassertropfen fallen aus dem Himmel“ uns einholte! Von nun an folgten einige Tage mit täglich circa zehn Minuten dicker Tropfen, die gemütlich nach dem Abendessen herabregneten. Müßig zu erwähnen, dass das Wasser ebenso schnell verdunstete wie es brauchte herabzufallen. Aber so richtig gemütlich lässt es sich dennoch nicht ohne Dach verweilen.

 

Nach den Wochen voller Weite und Kargheit wurden wir gleich am nächsten Morgen am ersten Wasserloch des Etosha Parks mit einer Fülle von Tierarten belohnt! Löwen, Zebras, Gnus, verschiedene Antilopen, Springböcke, Strauße, Gänse, Elstern, Finkenschwärme, Reiher, ein Schakal und dieser ominöse Fels, der plötzlich seine Öhrchen bewegte und seine die Nase zierenden Hörner zu erkennen gab. Was ein Start!

Viele weitere tolle Eindrücke folgten noch an diesem Tag: Elefanten beim Bad, die seltenen großen Eland-Antilopen, Giraffen und ein paar Schildkröten im Wasserloch. Bis wir in unserem Camp in Okaukuejo ankamen, waren die meisten von uns wohlig zufrieden und beendeten den Tag am hiesigen Pool. Nicht so ich. Mir fiel ein großer Elefantenbulle auf, der in Richtung des Lodge- und Camp-Wasserlochs wanderte und so folgte ich seinem Beispiel. Aber genau wie ich war der Bulle spät dran; zwei Herden mit insgesamt 46 weiteren Elefanten jeder Altersstufe planschten, rangelten, dösten und tranken bereits hier. Entlang der Lodge-Aussichtsmauer an die 70 glücklichen Beobachter. Das war wirklich ein wunderschönes Schauspiel, bei welchem ich mir immer wieder in Erinnerung rufen musste, dass ich nicht im Zoo bin

Später am Abend waren noch verschiedene Giraffengruppen zu sehen, die sich voller innerer Unruhe versuchten zum Wasser herunterzubeugen. Auch konnten wir zwei einzelne Spitzmaul-Nashörner beobachten. Und nach 22:30 Uhr, als nur noch wenige Gäste wach waren und Schakale, Löwen und Hyänen heulten und riefen, konnten wir erst eins, dann zwei weitere und zum Schluss Mutter und Kind Nashorn beobachten, die sich neugierig am Wasserloch kennenlernten und ein Bad nahmen. Die lauernde Tüpfelhyäne wiederum wurde von zwei Schakalen in ihre Schranken gewiesen. Das fühlte sich nach Wildnis an!

 

Am zweiten Tag im Park fuhren wir mit Sack und Pack von Wasserloch zu Wasserloch, beobachteten Löwen beim Jagdversuch, durchquerten eine riesige Herde Steppenzebras, erspähten Geparden unter einem etwas entfernten Baum der Mittagssonne trotzen, genossen den schier unendlichen Ausblick über die 5000 km2 große Etosha Salzpfanne, sichteten Vögel wie den hünenhaften Sekretär, die Riesentrappe, den hübschen Gelbschnabeltoko oder die herrlich hoppelnden Helm-Perlhuhnfamilien. Gegen Nachmittag bauten wir nun unser Camp in Namutoni auf und freuten uns alle, dass es ein Zuhause für satte zwei Nächte sein sollte.

Wir trafen alte Bekannte in den angrenzenden Camps, aßen fürstlich Oryx vom Grill mit Ofenkartoffeln und lauschten nachts wieder den Hyänen, Schakalen und Löwen, die jenseits des Zauns ihre Runden drehten. In dieser Nacht habe ich noch lange erst die ziehenden Wolken bei Fastvollmond und später die unendliche Weite der Sterne beobachtet. Die Wildnis in all ihrer charmanten Pracht! Dazu ein exklusives Konzert verschiedener Schnarcheinlagen aus den umliegenden Zelten.

Diese schöne Nacht wurde jäh um 4:45 Uhr unterbrochen als die ersten Camps noch vor Sonnenaufgang eilig abgebaut und verpackt wurden, um auch das nächste ehrgeizige Tagesziel zu erreichen. Wir aber hatten ein entspanntes Frühstück mit Rührei, Würstchen und Bratkartoffeln geplant. Doch bevor diese Essensmassen ansatzweise verdaut werden konnten, erreichte uns ein Anruf: Leopard gesichtet nahe des Wasserlochs Klein-Namutoni! Los ging es!

Der Tag startete also wunderbar mit einem prachtvollen Leoparden im Baum, danach beobachteten wir eine Weile sieben Giraffen beim Trinken und Flirten und konnten sogar den Kopf einer Felsenpython im Wasser ruhend ausmachen. Weiter ging es nach Norden, wo uns einige Löwen unmittelbar neben der Pad erfreuten. Kurz darauf hatten wir dann gleich das Glück ein paar Geparden von ganz nah zu erleben. Nachdem uns dann noch ein riesiger Elefantenbulle auf der Straße entgegenkam, konnten uns die zahlreichen anderen Tiere nicht mehr so recht aus der Ruhe bringen.

Zum Pirsch-Abschluss besuchten wir noch einmal „unseren“ Leoparden. Und wäre da nicht ein schicksalhafter drehender Windstoß gekommen, wären wir auch Zeuge geworden wie eben dieser ein Schwarznasen-Impala reißt. Aber sie konnten den Jäger in letzter Sekunde wittern und blieben vorsichtig, sodass die Raubkatze sich schließlich wieder hinlegte und auch bald ihren Baumthron aufgab. Sie kletterte herab und zog sich in das Unterholz zurück. Tierdoku hautnah!

 

Bei Braai-Toasties und Huhn und ein paar dicken Regentropfen beschlossen wir unseren letzten Abend in Etosha. Wir werden alle wiederkommen!

 

 

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